Fotos: MABIFOTO, Marcus Ziemke
Fotos: MABIFOTO, Marcus Ziemke

moz.de Angriffslustig haben sich die beiden Bürgermeister-Kandidaten vor Unternehmern in Bernau präsentiert. Dabei wurden vor allem Unterschiede im Politikstil deutlich.

Einer hat den Job, der andere will ihn haben. Bürgermeister André Stahl (Linke) und sein Herausforderer bei den Bürgermeisterwahlen am 19. Juni in Bernau, Lars Stepniak-Bockelmann von der SPD, haben sich auf Einladung der beiden Unternehmerverbände BMH und UV-Barnim am Dienstagabend Unternehmern in Bernau vorgestellt. Der Abend bot ein Duell, das es durchaus in sich hatte. Die übrigen Kandidaten hatten aus unterschiedlichen Gründen abgesagt.

Moderatorin Clara Himmel betonte schon früh, dass es ihr darum gehe, die Unterschiede zwischen beiden Kandidaten deutlich zu machen. Große Mühe hatte sie dabei nicht. Schon nach ein paar Minuten eröffnete Stahl den munteren Schlagabtausch.

SPD-Kandidat bringt Bürgermeister auf die Palme Lars Stepniak-Bockelmann, der im Eberswalder Rathaus in der Finanzverwaltung arbeitet, hatte der Bernauer Stadtverwaltung zu wenig Nähe zur Unternehmerschaft vorgehalten und erklärt, dass sein bisheriger Arbeitgeber einen direkteren Draht zur Wirtschaft habe. „Ich will eine unternehmerfreundliche Kommune, die E-Mails von Firmen innerhalb eines Tages beantwortet und die Rechnungen innerhalb von zwei Tagen bezahlt und regelmäßige Gesprächsrunden anbietet.“ Worte, die den Amtsinhaber auf die Palme brachten: „Ich lasse mir von Ihnen nicht mangelnde Nähe zur Wirtschaft vorwerfen“, fuhr er seinen Herausforderer an. „Wir helfen immer, gerade bei Problemen mit Behörden. Die Unternehmen wollen schnelle Genehmigungen. Und die scheitern nicht an uns.“ Eberswalde als unternehmerfreundlicher zu bezeichnen als Bernau, sei schon „sehr phantasiereich“.

Stratege gegen Pragmatiker Der Disput war nur Ausgangspunkt einer Kontroverse, die im Laufe des Abends noch deutlich machen sollte, welche unterschiedlichen Ansätze die beiden noch deutlich machen sollte, welche unterschiedlichen Ansätze die beiden Bewerber für den Chefposten im Rathaus verfolgen. Der SPD-Kandidat präsentierte sich als Mann der Zahlen, der die Lösungen aufgrund analysierbarer Daten und Fakten strategisch sucht. Stahl unterstrich seinen Ruf als Macher, der Probleme pragmatisch löst, wenn sie ihm begegnen oder er sie kommen sieht. Stepniak-Bockelmann sagte, er wolle weg von der „Politik des Bauchgefühls“. Eine klare Strategie forderte er unter anderem in der Wirtschaftsförderung. „Wir müssen uns klare Ziele setzen, die Entwicklung hinterfragen und reflektieren. Da reichen keine gelegentlichen Firmenbesuche. Wir müssen die Unternehmer regelmäßig fragen, wo der Schuh drückt, wo sie Hilfe brauchen, was wir tun können.“

Stahl: Subventionen helfen nicht Stahl entgegnete, er sei gegen eine staatlich gelenkte Wirtschaft. Gerade in Eberswalde werde immer wieder sichtbar, dass man allein mit Subventionen angeschlagene Branchen nicht retten könne. „Es ist auch nicht Aufgabe der Stadt, unternehmerische Ideen zu entwickeln und Konzeptionen der Konzeption wegen zu schreiben. Wir müssen fexibel reagieren und helfen. Und das machen wir auch. 

Einig waren sich die beiden immerhin darin, dass mehr Gewerbeflächen nötig seien, damit bestehende Unternehmen wachsen und sich neue ansiedeln. Stepniak-Bockelmann warf Stahl vor, dafür zu wenig getan zu haben. „Bernau ist zwar Spitzenreiter bei den Gewerbemieten, hat aber so wenig Flächen wie kaum eine andere vergleichbare Stadt in Brandenburg."

Ideen gegen den Fachkräftemangel Der Sozialdemokrat warf dem Linken auch vor, sich zu wenig um den Fachkräftemangel zu kümmern. „Drei von vier berufstätigen Bernauern arbeiten nicht hier in der Stadt. Das ist ein Reservoir, aus dem wir schöpfen müssen. Ich glaube nicht, dass die meisten gern nach Berlin oder Eberswalde pendeln. Es gibt hier attraktive Jobs, aber wir machen das nicht deutlich. Das muss sich ändern." Eine Zustandsbeschreibung, die Stahl nicht teilte. „Unsere Standbeine sind Dienstleistungen und Handwerksbetriebe ohne große Fertigungstiefe. Wir haben dadurch nicht alle Angebote, die eine Großstadt wie Berlin unterbreitet.“ Ein großes Pfund Bernaus sei das Gesundheitswesen, das bis in die Spitzenmedizin fast 6000 Arbeitsplätze biete. Den dortigen Fachkräftemangel könne man aber nicht aus eigener Kraft bewältigen. „Dafür müssen Menschen aus dem Ausland angeworben werden und Geflüchtete, die hier bleiben wollen, entsprechend qualifziert werden.“

Streit um Kita-Angebot in Bernau Streit gab es außerdem beim Thema Zuzug. Stepniak-Bockelmann kritisierte, dass jungen Familien nicht genügend Kita-Plätze angeboten werden und verwies auf lange Wartelisten. „Da erzählen Sie Unsinn!“, konterte Stahl, der danach aufzählte, wo gerade in der Stadt überall Kitas gebaut oder geplant werden. „Wir haben keinen Mangel, können alle versorgen, wenn auch nicht gleich jeden in der Wunsch-Kita. Die Wartezeiten liegen zwischen zwei und drei Monaten. Länger nicht. Wir bringen auch Ukrainer und andere Flüchtlinge unter.“

Fragen aus dem Plenum gab es nach knapp zweistündiger Debatte, in der es ohne große neue Erkenntnisse auch um den Verkehr und den Wohnungsbau ging, kaum. Wer die meisten Punkte bei Unternehmern sammelte, blieb offen. Das nächste Kandidatenforum vor der Bürgermeisterwahl fndet am Sonntag, 22. Mai, von 11 bis 13 Uhr im Neuen Rathaus statt.